Im letzten Tick habe ich gelesen, dass Jay Gilligan meint, man solle
lieber weniger, aber dafür sichere Würfe trainieren und erst
dann die Wurfzahl steigern [*].
Dem stimme ich zu, aber nicht ganz. Nein, eigentlich widerspreche ich
doch! Gut, also der Reihe nach.
Was würdest du machen, um die 6 sinnlosen Silben aus der Überschrift
zu lernen? Du würdest sie wiederholen bis du sie kannst. Du würdest
sie immer EXAKT wiederholen, damit sich diese Gedächtnisspur im
Gehirn einprägen kann. Wenn du zum Beispiel "Die Glocke"
auswendig lernst, würdest du genau dasselbe machen: exaktes, oftmaliges
Wiederholen. Wenn du nicht exakt wiederholst, dann kannst du "Die
Glocke" nacherzählen, aber du kannst sie nicht auswendig,
also nicht Wort für Wort. Das ist aber ein großer Unterschied.
Zum Auswendiglernen braucht man also zwei Dinge: viele Wiederholungen
und Exaktheit. Wenn du genug exakte Wiederholungen gemacht hast, dann
haben sich die Nervenzellen im Gehirn dauerhaft umorganisiert. Das nennen
wir Gedächtnis.
Ohne Gedächtnis auch kein Bewegungslernen! Deshalb ist es hier
im Prinzip genauso: Du brauchst Exaktheit und möglichst viele Wiederholungen.
Die Kaskade kannst du nicht nur deshalb so gut, weil sie so leicht ist,
sondern auch, weil du sie zwischendurch und zum Aufwärmen immer
wieder jonglierst. Mit jeder Wiederholung wirst du exakter. Warum sind
wir mit einer Hand in den Alltagsdingen viel schlechter als mit der
anderen (probier doch mal, mit deiner ungeübten Hand die Zähne
zu putzen!)? Weil wir mit ihr nicht oder weniger üben! Der sogenannte
"Bewegungsschatz" der schlechteren Hand ist daher nicht so
reichhaltig und nicht so ausgeprägt. Deshalb braucht die ungeübtere
Hand auch bei Tricks immer länger bzw. wird niemals so
gut wie die geübte.
Diese Hochgeschwindigkeitsaufnahmen habe ich vor etwa 5 Jahren von
mir gemacht. Sie zeigen einen vollen Durchlauf einer Drei- und Fünfballkaskade
aus meiner Sicht. Man sieht, dass sogar bei der Dreiballkaskade die
linke Hand deutlich ungenauer wirft.
Wenn ich für einen Auftritt übe, dann jongliere ich meine
Tricks "weich". Oft übe ich einen Trick, den ich schon
sehr gut kann, viele Minuten lang, und das einige Tage hintereinander.
Und auf einmal ist der Trick "weich", sprich, er fühlt
sich anders an, er ist viel runder geworden und alles ist viel müheloser.
Daher ist es wichtig, viele Wiederholungen zumachen! Auf der anderen
Seite ist es wiederum sinnlos, bei einem Trick, den man erst rudimentär
beherrscht, krampfhaft Wiederholungen zu schinden. Denk an das Gedicht!
Du willst ja den Trick "auswendig" können und nicht nur
"nacherzählen". Die Zauberformel lautet also exaktes,
oftmaliges Wiederholen. Also macht es keinen Sinn, schlechte Bewegungen
mit der Brechstange zu wiederholen.
Wenn ich eine Bewegung aber nur über exakte Wiederholung lernen
kann, diese aber nicht schaffe, wie soll ich dann den Trick lernen?
Die Antwort lautet: Dann musst du dir eine Vorübung suchen, die
so leicht ist, dass du sie exakt wiederholen kannst. Wenn du aber die
schwerste Vorübung schon gut kannst (wenn sie also ausgereizt ist)
und der fertige Trick trotzdem zu ungenau ist, dann musst du leider
in den sauren Apfel beißen, und trotzdem den fertigen Trick jonglieren.
Deshalb ist die Fünfballkaskade auch so verdammt schwer und langwierig
zu erlernen. Nehmen wir als Hausnummer an, du musst 10.000 exakte Wiederholungen
machen, um einen Trick zu erlernen. Bei der Dreiballkaskade geht das
recht schnell. Bei der Fünfballkaskade brauchst du auch diese 10.000
Wiederholungen, aber hintereinander schaffst du vielleicht nur 5. Du
verstehst die Langwierigkeit des Unternehmens!?
Die Forderung nach exakter Wiederholung zur Ausbildung des "Bewegungsgedächtnisses"
führt dich direkt zu den Vorübungen eines Tricks, die du dir
leider oft selbst ausdenken musst. Jonglieren hat also auch mit Intelligenz
zu tun! Ob die Forderung nach exakten UND vielen Wiederholungen nun
eine Zustimmung zu Gilligan ist oder nicht, musst du dir selbst überlegen.
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