Fahrt auf Conventions!
  jonglieren.at: Szene: Fahrt auf Conventions!

  Roman Kellner

  aus:
    Tick. Die Zeitung von Artis-Tick, Nr. 10 (Frühsommer 1999), pp 1, 4-5

         
Conventions machen Spaß. Sie helfen, neue Kontakte zu knüpfen. Sie bringen neue Ideen. Sie erweitern den Jonglier-Horizont. Was hält uns noch hier?

Auf der Wiese hinter der Universität steht ein großes Zelt für Shows und gegen den Regen. Zwei kleine Stände dienen der Verpflegung - hauptsächlich vegetarische Kost. Ein paar Toilettenanlagen und ein offenes Feuer gibt es noch, mehr ist nicht nötig. Geschlafen wird in den drei Nächten - wenn überhaupt - am nahen Campingplatz beim See. Am Tag wird jongliert, jongliert, jongliert. Es beginnt mit den Frühaufstehern, die mit drei Keulen die Wartezeit auf den ersten Kaffee überbrücken und endet mit jenen, die auch bei Flutlicht und unter erheblichem Alkoholeinfluß nicht aufhören können.

Zugegeben, hier dient das Jonglierfestival von Klagenfurt als Vorlage. Aber es hätte auch jede andere Convention sein können. Dann ersetzt vielleicht eine riesige Turnhalle das Zelt, oder es dauert nicht drei bis vier Tage, sondern eine Woche. Im Detail mögen sich die Conventions sehr unterscheiden, die Idee dahinter ist aber für alle gleich.

Conventions sind in erster Linie gesellige Ereignisse. Sie bieten Gelegenheit, neue Jongleure kennenzulernen, Tricks auszutauschen, "Workshops" zu besuchen oder abzuhalten, neues Material auszuprobieren, Jonglierpartner zu finden, neue Nummern zu zeigen und Wettkämpfe auszutragen. Besonders letztere sind aus dem Festivalleben nicht wegzudenken. Die Palette des Möglichen ist breit: Einradturniere, Jollyball, Diabolo-Hochwurf, Endurance (Dauer-Jonglage), Keulenweitpassing u. v. m. Übertriebener Ehrgeiz ist dabei freilich nicht gefragt. Im Vordergrund steht der Spaß, die Atmosphäre und das Auskosten eines Lebensgefühles. Das Wichtigste aber ist, unter Gleichgesinnten zu sein.

Deshalb ist es auch egal, wieviel du kannst und was du jonglierst. Denn darum geht es nicht. Was wiederum nicht heißen soll, daß auf Conventions das Staunen und die Bewunderung nicht ihren Platz hätten. Gerade die Österreicher, durch das Jonglier-Niveau hierzulande nicht eben verwöhnt, kriegen den Mund oft nicht zu, wenn sie zum ersten Mal auf internationales Niveau treffen. Eine solche Gelegenheit bietet sich zum Beispiel bei der jährlich stattfindenden Europäischen Convention. Wem das zu teuer, aufwendig oder stressig ist, der kann ja mit kleineren Jongliertreffen in Österreich oder Deutschland vorliebnehmen.

Zu den Höhepunkten jeder Convention gehören die Shows. Es wird gewöhnlich unterschieden in Public Shows und Open Stages. Während die Public Shows, wie der Name schon sagt, öffentlich sind - oft kann die örtliche Bevölkerung gegen einen Eintritt teilnehmen - und meist fertige Nummern liefern, ist es auf den Open Stages üblich, neue Nummern und Ideen auszuprobieren und entstehen zu lassen. Meist sind sie später angesetzt und weniger kinder-kompatibel. Häufig gibt es Feuershows zu sehen.

Jongliertreffen sind eine wunderbare Gelegenheit, in wenigen Tagen mehr zu lernen, als im Rest des Jahres. Dafür werden Workshops aller Art angeboten, oft soviele, daß es unmöglich ist, sie alle zu besuchen. Das Üben können sie zwar nicht ersetzen, aber sie versorgen Jongleure mit neuen Ideen für Tricks und Shows.

Selten bleibt es bei einer Convention. Wer einmal das Flair eines großen Jongliertreffens erlebt hat, wer nach einigen intensiven Festival-Tagen vergeblich zu Hause erzählen wollte, was daran so toll ist, der kommt wieder. Und warum nicht die nächste Reise mit einer Convention verbinden? Es gibt sie auch in Skandinavien, in den USA, in Neuseeland, in Australien, auf Hawaii, in Thailand, überall.

Fahrt auf Conventions!



Roman Kellner (Wien, E-Mail: roman [AT] diekeulquappen . at) ist Jongleur und beschäftigt sich auch mit anderen Varietékünsten. Männliche Hälfte des ArtistInnenduos Die Keulquappen. Teilnahme an vielen österreichischen und internationalen Jonglier-Conventions. Berufliche Tätigkeit als Journalist für Greenpeace Österreich, Redakteur und Verfasser zahlreicher Artikel für das österreichische Jongliermagazin Tick.
Weitere Artikel auf den Webseiten von jonglieren.at: siehe: Index: Kellner, Roman

Alle Rechte verbleiben beim Autor. Veröffentlicht mit seinem Einverständnis und mit freundlicher Genehmigung von Artis-Tick. April 2002.