Verfasst von Wolfgang Schebeczek am 12. März 2006 um 15:27:37:
Als Antwort auf: Re: Burke's Barrage verfasst von Holger am 12. März 2006 um 12:39:17:
: Probier's mal hier,
: schrittweise aufgebaut, animiert und mMn sehr gut erklärt.
: Falls der Link nicht funktioniert, dann copy/paste ...
: http://www.kingscascade.com/3BallBurkesBarrage.html
Tut mir leid, aber das was hier im Hauptteil des Artikels (und in vielen anderen Publikationen und Videos) beschrieben bzw. dargestellt wird, ist NICHT Burke's Barrage!
Ich weiß, dass das beschriebene Muster seit langem unter dem Namen BB im Umlauf ist, und Charlie Dancey hat diese Ansicht mit den ersten beiden Auflagen seiner Ball Encyclopaedia einzementiert. In der aktuellen Auflage hat er das korrigiert und sinnigerweise den "falschen" Burke's Barrage in Anspielung auf seinen Irrtum als "Charlie's Cheat" bezeichnet. Leider ist aber bei Dancey auch diesmal die Beschreibung des "wirklichen" Burke's Barrage - hmm, sagen wir - nur suboptimal ausgefallen.
Am Ende der oben zitierten Kingscascade.com-Seite ist zu lesen: "Inside Take-Outs - Some people call this trick Burke's Barrage (instead of the outside take-outs). Either way, it's the same pattern, just different arm locations on the carry. I think the outside take-out looks WAY better though." Es stimmt, dass der wirkliche BB (also den, den Ken Burke erfunden hat) als "Inside Take-Outs" verstanden werden kann (d. h. die "Topologie" der Ballbahnen ist dieselbe), aber die Ausführung des Kingscascade-Autors (sowohl sein Video, als auch die Animation) weichen doch in einigen wesentlichen Details von der Burke-Version ab. Seine Meinung, dass die Outside take-outs (= "falscher" BB = Charlie's Cheat) wesentlich besser aussehen, kann ich bestenfalls teilen, wenn ich sie mit *seiner* Ausführung der Inside take-outs vergleiche. Für mich ist BB bei weitem das schönere, interessantere und sich angenehmer anfühlende Muster als der "falsche" BB.
Ob beide Muster im Grunde dasselbe Muster sind, ist ebenfalls disputabel. Von ihrer Struktur her sind sie sicher eng verwandt, aber sie sehen verschieden aus, fühlen sich verschieden an und die Ballbahnen sind auf verschiedene Art miteinander "verschlungen". Und immerhin hat die Verwechslung der beiden Muster seit dem Beginn der Neunzigerjahre über eine Dekade lang zu heillosen Missverständnissen geführt (alles nachzulesen in den rec.juggling-Archiven). Aus weiteren Missverständnissen sind dann übrigens noch weitere Tricks, wie z. B. Lipson's Deathblow, entstanden.
Die beste Beschreibung von Ken's BB ist meines Erachtens immer noch die, die als allererste im Druck erschienen ist, nämlich jene im Buch "Beyond the cascade" von George Gillson, wenn auch sie zu Missverständnissen Anlass gegeben hat. Als beste (wenn auch äußerst kurze) Video-Aufzeichnung hab ich ebenfalls ein Uralt-Video ("The beauty of 3-ball juggling", hrsg. von der IJA) in Erinnerung. Ich glaube, dass Steve Mills dort mit BB zu sehen ist.
Nochmals zur Animation bzw. dem Video der Inside Take-Outs von der Kingscascade.com-Seite: Was ich dort zu bemängeln habe (insofern es sich um ein möglichst authentisches Burke's Barrage handel soll), ist erstens, dass die Bälle, die über Arm gefangen werden, anschließend zu weit nach außen (d. h. von der rechten (bzw. der linken) Hand nach rechts (bzw. links)) geführt werden, was dem Muster ein etwas zackiges Feeling verleiht. Und dass zweitens die Überarmfänge nicht per claw catch und einer anschließenden kreisförmigen, v. a. aus dem Handgelenk heraus ausgeführten Schleife eingeleitet werden. Lässt man das weg, wird der Trick ebenfalls wesentlich zackiger. In BB gibt es keine abrupte Bewegungsumkehr der Bälle! Wenn es sich zackig anfühlt, dann ist es nicht BB. Die Flüssigkeit der Bewegung macht meines Erachtens einen Großteil der Ästhetik des Musters aus.
Ich hab in die Animationen (s. Links in meinem früheren Posting) versucht, möglichst viel von dem eben Gesagten hineinzupacken. Das Nicht-zu-weit-nach-außen-führen ist, denke ich, gut zu erkennen, wenn man meine und die Kingscom-Animation nebeneinander ansieht, ebenso die (verbotene) Bewegungsumkehr. Leider lässt das verwendete Animationsprogramm (JugglingLab von Jack Boyce übrigens) Claw catches und das damit verbundene Anheben der Ellbogen nicht zu. Ich hab daher die Ballbahnen etwas modifizieren müssen, damit die Arme einander nicht durchdringen. Aber ich hab versucht, die oben erwähnten kreisförmigen Schleifen sichtbar machen. Dazu muss man in die Animation klicken und mit der Maus waagrecht nach rechts ziehen, bis der Jongleur aus dem Profil zu sehen ist. Wie bereits erwähnt werden diese Schleifen v. a. mit dem Handgelenk, und - wenn man sie größer ausführen will - zusätzlich aus dem Ellbogen heraus ausgeführt. Aufgrund der Beschränkungen des Animationsprogramms verwendet der Strichmännchen-Jongleur Ellbogen + Schultergelenk. Diese "wheeling carries" sind übrigens auch für den Tricknamen verantwortlich, wenn mir auch das Bild nicht klar ist, von dem sich der Namensgeber (Georg Gillson - auch hier irrt Dancey; die nicht sehr geistreiche Sitte, Jongliermuster nach sich selber zu benennen, ist erst später entstanden) hier hat leiten lassen.
wolfgang