Re: Trainerausbildung Poischwingen


[ Weitere Antworten ] [ Jonglieren.at: Open Page Archiv ]

Verfasst von Klaus Scheuermann (klaus [AT] artofpoi . de) am 07. April 2004 um 03:19:17:

Als Antwort auf: Re: Trainerausbildung Poischwingen verfasst von Wolfgang Schebeczek am 09. Februar 2004 um 15:08:21:

Lieber Wolfgang,

nachdem die Diskussion um die Trainerausbildung sich beruhigt hat, möchte ich nun doch noch einmal ausführlich Stellung nehmen.

Zunächst verwundert es mich sehr, dass die Diskussion sich ausschließlich um das Zerifikat und das Stichwort Trainerausbildung dreht. Dazu folgendes:

Mit meinem Buch: "Die Faszination der fliegenden Kugeln" und den weiteren zehn Veröffentlichungen bin ich bestimmt nicht der klassischen Poilinie gefolgt. Das war mir von Anfang an klar. Doch um die Potentiale des Poischwingen voll ausschöpfen zu können war dies notwendig. Dazu folgende Überlegungen:

Um dem Schwingen eine eindeutige Beschreibung geben zu können und Zusammensammenhänge ganzheitlich darzustellen, war es unabdingbar das Schwingen zu analysieren. Dies habe ich getan, die meines Erachtens wichtigsten Schwünge in ein Metaphernkonstrukt, das kinderleicht verständlich sematisch zusammenhängend und nach Kriterien wie Ebenentrennung, Richtungsanalyse, Stellung der Pois zueinander, usw. gegliedert ist.

Dem Gedanken der Notation lag zunächst die Überlegung der Reduzierung eines komplexen Bewegungsablaufes auf ein einfaches Symbol, das eine Konstante darstellt zugrunde. Später stieß ich auf die Verbindung zur Musik. Diese Notation habe ich bereits sehr weit entwickelt. Es ist möglich damit neuzig Prozent dessen was möglicherweise mit Pois gespielt werden kann darzustellen. Hierzu die Veröffentlichungen "Schwingen nach Noten", die bereits erschienen sind und noch folgen werden.

Zugegebenermaßen ist dies ein neuer Gedanke, der es bekanntlich immer erst einmal schwer hat, sich gegen das Konventionelle durchzusetzen.

So entstand eine ganzheitliche Schule, ich habe diese "Die Faszination der fliegenden Kugeln" genannt. Diese verbindet visuelles, auditives und motorisches Lernen miteinander. Mir ist bisher keine solche Methode bekannt. Ich denke, dass dieser Ansatz eine Bereicherung im gesamten Bereich der Bewegungsschule, Bewegungskunst und der theoretischen Weiterentwicklung des Jonglierbereiches sein kann.

In der Trainerausbildung geht es nun darum, diese Schule zu vermitteln und Schüler mit diesem Gedankengut vertraut zu machen und es weiterzugeben. Wichtig ist nicht soviel wie möglich und so akrobatisch wie möglich zu Schwingen, sondern die Ganzheitlichkeit des Ansatzes verstanden, den Gedanken der Notation, der Metaphern für die Schwünge und deren Einsatz zu üben, zu zeigen und selbst umzusetzen.

Zum Thema Institutionalisierung und Pädagogisierung des Jonglierens folgende Überlegung: Wer hätte einmal gedacht dass es eine "Zirkuspädagogik" geben könnte. Vor Jahren noch für viele ein absolut absurder Gedanke, ist diese mittlerweile etabliert.

Ich finde es sehr schade, dass meine neuen revolutionären Gedanken so zerrissen werden, ohne sich damit auseinanderzusetzen. Ich frage mich, wieviel Leute wirklich das Konzept zur Trainerausbildung Poischwingen gelesen haben, bevor sie ihre Meinung zum Besten gaben.

Zum materiellen Aspekt. Ich habe im letzten Jahr bei der EJC bestimmt nicht soviele Workshops gegeben weil ich damit eine Riesenkohle verdient habe. Die Vision und die Liebe zum Poischwingen treiben mich vorwärts und lassen mich immer wieder neue Bücher schreiben. Ich habe noch viel vor. Gerade wenn ich heute meine neueste Choreographiesammlung fertiggestellt habe, bin ich wieder von Neuem überzeugt, dass es der richtige Weg ist.
Entscheidend sind letzendlich nicht die Verkaufszahlen sondern das Feuer der Seele, das Berge versetzt. Wieder habe ich soviel Neues gelernt und erkannt. Die Freude am Forschen und die Entdeckerlust treiben mich voran und garantiert nicht finazielle Aspekte.

Als Selbstverleger meiner Bücher habe ich bestimmt keinen leichten Stand gegenüber Händlern wie Butterfingers. Es ist ein Ringen wie David gegen Goliath. Leider gibt es eben auch in der "heilen Jonglierwelt" ganz massive materielle Interessen, Intrigen und die Sicherung von Marktanteilen. Der Umgang ist nicht immer so, wie ich mir dies wünschen würde.

Zum Abschluß noch einige vielleicht alternative Kommentare zu meinem Buch:

Sport Uniprofessor: "Das ist ein Standardwerk über den Jonglierbereich hinaus!"

EJA-Funktionär der sah, was ich in den Workshops tat und mich danach ansprach, sein Kommentar danach: "This is a revolution"

Arzt, der sich intensiv mit Bewegungskunst auch in Therapie auseinandersetzt: "Du bist ein Vordenker in diesem Bereich."

Etablierter Jonglierhändler im Poibereich der sah was ich tat: "Die anderen sind bei Schritt Nummer Eins, Du bei Nummer Vier."

Diese Kommentare sind Originalkommentare und weder ausgeschmückt noch verändert.

Abschließend möchte ich betonen, das ein gemeinsames Ringen um die Sache eine viel angenehmere Angelegenheit wäre, als sich gegenseitig zu zerfleischen. Menschen sind immer unterschiedlich, haben verschiedene Biographien, Erlebnisse und Vorlieben. so werden auch die Sympathien für die eine oder die andere Richtung ausfallen.

Mit schwungvollen Grüßen

Klaus Scheuermann


: Lieber Klaus Scheuermann,

: Sie schreiben an die Redaktion von jonglieren.at bzw. das Diskussionsforum "Open Page":

: : mit einigen Erstaunen habe ich die verschiedenen Beiträge zur
: : Trainerausbildung Poischwingen gelesen. Ich weiß nicht ob es
: : in Ihrem Interesse ist, dass dort angefangen vom Aufruf zu
: : krimiellen Handlungen bis hin zu persönlichen Beleidigungen
: : meiner Person (Klaus Scheuermann) alles auftaucht.

: Als verantwortlicher Redakteur habe ich mir nochmals alle 22 Beiträge (Stand 9.2.2004, 14:00) in den Diskussions-Threads "Zertifizierter Poi Schwinger", "Zertifizierter Ball-Jongleur?", " Zertifizierter Zertifizierer" durchgesehen. Ich nehme an, dass Sie sich hierauf beziehen.

: Alle Beiträge befassen sich, soweit sie sich nicht auf Sachinformation beschränken oder vom Thema abschweifen, mit der Idee des Poi-Trainerzertifikats, das nach einem mehrtägigen Kurs erworben werden kann. Und zwar ausschließlich in satirischer Form, was aufgrund der Übertreibungen und Absurditäten leicht erkenntlich ist. Sollte es aber trotzdem dieser Klarstellung bedürfen, sei sie hiemit gemacht.

: Auf Ihre Person beziehen sich lediglich zwei der 22 Beiträge: Nach Erscheinen von http://www.jonglieren.at/forum/openpage/messages/2965.html habe ich überlegt, ob das Wortspiel mit ihrem Familiennamen als persönliche Beleidigung missverstanden werden kann, bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass im Kontext der Debatte aus dem Posting zweifelsfrei hervorgeht, dass sich das "bescheuert" nicht auf Sie, sondern die Idee des Poi-Trainerzertifikats bezieht. Auch in 2967.html kann ich keine persönliche Beleidigung erkennen. Bei Nomenklaturneuschöpfungen muss wohl Kritik erlaubt sein.

: Gar nicht folgen kann ich Ihnen bezüglich des Vorwurfs zum Aufruf zu kriminellen Handlungen. Ich nehme an, Sie beziehen sich auf 2980.html. Wörtlich genommen ist dies in erster Linie nicht ein Aufruf zu einer kriminellen Handlung, sondern das Angebot einer solchen. Daraus, sowie aus Form, Kontext und weil der vermeintliche Anbieter mit gültiger E-Mail- und Homepage-Adresse unterzeichnet, ist wohl leicht der satirische Charakter dieses Postings erkennbar.
:
: : Abgesehen von der Unwissenheit und Ignoranz, die aus diesen
: : Beiträgen spricht, bin ich sehr verwundert, dass Sie diese
: : Haltung dadurch unterstützen, dass Sie solchen Personen ein
: : Forum bieten.

: Über Unwissenheit und Ignoranz lässt sich streiten, aber auch zutreffendenfalls sehe ich hier keinen Grund, als Zensor einzuschreiten. Es steht ja jedermann/frau frei, Dinge richtig zu stellen. Selbstverständlich würde ich es sehr begrüßen, wenn Sie davon Gebrauch machen und im Diskussionsforum näher ausführen, worin diese Unwissenheit und Ignoranz besteht.

: : Ich erwarte, dass diese Beiträge umgehend entfernt werden und
: : durch Sie als auch die betreffenden Personen eine Entschuldigung
: : mir gegnüber ausgesprochen wird.

: Haben Sie bitte Verständnis, dass die Open Page ein freies Diskussionsforum ist, das keiner Moderation oder Zensur unterliegt. Natürlich mit der Ausnahme, dass Spam und strafrechtlich Relevantes nicht geduldet wird. Wie oben ausgeführt, sehe ich letzteres aber hier nicht erfüllt. Ich möchte hier aber trotzdem nochmals bekräftigen, dass niemand Sie persönlich beleidigt oder verunglimpft hat oder dies beabsichtigte. Ich spreche hier in meinem Namen, glaube aber auch, im Namen aller DiskutantInnen sprechen zu dürfen. Die beiden Autoren der Postings, die auf ihre Person Bezug nehmen, werden dies sicher noch in eigenen Stellungnahmen ausführen.

: Um von der Ebene von Rechtsstreitigkeiten wegzukommen, lassen Sie mich hier aber noch einige persönliche Anmerkungen anschließen. Ich bin etwa zwanzig Jahre in der Jonglierszene unterwegs und hab in dieser Zeit schon manch krause Idee in Bezug auf die Vermarktung des Jonglierens und die Reglementierung des Jonglierunterrichts erlebt. All diesen Ideen und "Geschäftsmodellen" war gemeinsam, dass Sie den Idealen der Jonglier-Community, wie sie sich in den letzten 30 Jahren in Europa und den USA herausgebildet hatten, diametral entgegengesetzt waren. Zum Glück hat kaum eine überlebt oder größeren Schaden angerichtet. Auch die Idee, Jonglierleistung und -ausbildung zu zertifizieren, ist nicht neu, hat sie doch niemand Geringerer als Dave Finnigan bereits in seinem klassischen Lehrbuch propagiert. Jedoch - und das muss ihm zu Gute gehalten werden - fern von jeder Vermarktungsstrategie. Überlebt hat sie trotzdem nicht, in dem Remake seines Buchs ist sie nicht mehr vorhanden. Spott hat sie ihm allerdings jede Menge eingebracht. Eben genau, weil sie mit den genannten Idealen nicht verträglich war.

: Da ich mich mit Ausnahme von historischen Aspekten nicht mit dem Poischwingen befasse, kann ich nicht kommentieren, wie die Poigemeinde diese Dinge sieht. Natürlich steht ihr frei, ihre Sache ganz anders aufzuziehen. Aber Jonglieren und Poischwingen sind zumindest verwandt und die jeweiligen "Communities" überlappen sich. Daher gibt es Gemeinsamkeiten und auch Reibungspunkte. Mit vielen JongleurInnen teile ich jedenfalls das Missbehagen daran, dass das Poischwingen heute zum Teil regelrecht als Hype aufgezogen und vermarktet wird. Und wir sind sensibel gegenüber allem, was sich in dieser Richtung tut.

: Genau deswegen habe ich mich selber an der Open-Page-Debatte mit einem satirischen Pamphlet beteiligt (2969.html), und es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass ich mich nirgends direkt oder indirekt auf Sie beziehe. Ich muss gestehen, dass der Grund nicht Vorsicht oder Scheu vor persönlicher Konfrontation war. Vielmehr sind Sie mir als ein Mann bekannt, der sich mit Lehrbuch und Unterrichtstätigkeit um das Poischwingen verdient gemacht hat, und ich hatte insgeheim die Hoffnung, dass diese (meiner Meinung nach unsägliche) Idee mit den Poi-Trainerzertifikaten nicht von Ihnen stammt, sondern ein Marketinggag des oberösterreichischen Instituts war, das Sie engagiert hatte. (Daher auch die vielen Österreichbezüge in meinem Posting.) Ihre forsche Reaktion hat diese meine Hoffung zwar erschüttert, aber ich habe sie noch nicht ganz aufgegeben...

: In der Hoffnung, Missverständnisse ausgeräumt zu haben und etwaig verbleibende in freundschaftlich-kritischer Diskussion zu lösen, verbleibe ich
: mit herzlichen Grüßen,

: Wolfgang Schebeczek
: Redaktion jonglieren.at




Weitere Antworten:



[ Weitere Antworten ] [ Jonglieren.at: Open Page Archiv ]