Verfasst von Wolfgang Schebeczek am 11. Juni 2007 um 15:46:10:
Als Antwort auf: Re: Klagenfurt, unsägliche openstage verfasst von direktor janosch am 11. Juni 2007 um 05:32:11:
: Gut erinnere ich mich an ein Klagenfurt vor 7 Jahren,
Janosch, dein Erinnerungsvermögen in Ehren; es scheint jedenfalls meines bei weitem in den Schatten zu stellen. Aber bei einigen deiner Behauptungen kann ich mir nur sehr schwer vorstellen, dass sich das so zugetragen hat.
: als Super-Bernhard und ich die Sache mit der Open Stage
: rabiat in die Hand nehmen wollten, und Du uns mit aller
: Kraft verhindert hast und am ganzen Conventiongelände
: niemand andern gefunden hast, der die Open Stage macht,
: ausser den unsäglichen Benny von Benny und Nöbel.
Also für Shows hab ich - meiner Erinnerung nach - nie jemanden gesucht, noch jemanden *mit aller Kraft* zu fördern oder zu verhindern gesucht. Bekanntlich habe ich nach dem Ausscheiden von Rainer als künsterlischem Leiter des Klagenfurter Festivals das mir angetragene Angebot, diese Rolle zu übernehmen, entschieden abgelehnt. Insbesondere für Showangelegenheiten habe ich mich für die denkbar ungünstigste Wahl gehalten. Von da an haben Gabi und Ede in diesen Angelegenheiten alle Entscheidungen getroffen und die Leute für die Shows auch selber zusammengesucht. Sie haben mich aber fallweise um meine Meinung gefragt. Auch Diskussionen über den Circus Rabiat hats gegeben. Aber meiner Erinnerung nach habe ich ihre Bedenken hier eher zerstreut als genährt. Obwohl ich zugegebenermaßen einiges Bauchweh gehabt habe, als ihr die Moderation für die Klagenfurter Public Show 2001 angekündigt habt. (Wie sich nachher herausgestellt hat: zu Unrecht.) Dass ich im Zusammenhang mit einer Open Stage gegen euch geunkt hätte, kann ich mir nicht vorstellen, aber ehrlich gesagt, ich weiss es nimmer. Auf alle Fälle war und ist mein Einfluss in Bezug auf das Klagenfurter Festival begrenzt. Ich erinnere daran, dass ich nach Rainers Abgang mit meinen Reformideen (stärkere Verwebung der hiesigen Jonglierszene mit der Festivalorganisation) sowohl bei der Jonglierszene als auch bei der ATIK kräftig abgeblitzt bin. Es ist schmeichelhaft, dass du mich als Übervater der at-Jongliererei aufbauen willst, aber halt nicht zutreffend.
: Wir haben uns ja dadurch die Freude nicht nehmen lassen und
: dann ein paar Jahre die Open Stages auf den Conventions auch
: mit rabiaten Sachen unterfüttert, und nicht immer deinen Geschmack
: getroffen ( zum Beispiel mit der Entfesselungsnummer mit Marjian ? )
Weiss ich nicht mehr, was ich mir zur Entfesselungsnummer damals gedacht habe, kann mich nur mehr sehr dumpf daran erinnern. Generell war ich in meinen Emotionen angesichts der rabiaten Produktionen gespalten, aber das heißt ja nur, dass eure Intentionen aufgegangen sind. Provokation war doch Teil der Sache. Als glühender Fan des frühen Cirque Archaos wäre ich aber der letzte gewesen, der dem Circus Rabiat deswegen Prügel zwischen die Füße geworfen hätte. Wirkliche Probleme hatte ich eigentlich nur mit dem Background des Romanetto-Sujets: Politische Korrektheit muss zwar auch hinterfragt werden dürfen und die Lettlandverarsche war hinreichend absurd, dass sie wohl kaum Schaden anrichten hat können. Aber das Zigeunerthema ist mir - angesichts der jüngsten Geschichte - doch zu weit gegangen. Ich hab immer inständig gehofft, dass da nicht zufällig ein Angehöriger der Roma oder Sinti im Publikum sitzt.
: Aber Beschweren brauchst Dich nicht über das dahinschwächeln der Shows.
Ich beschwer mich nicht über die Schwachheit der Shows; vielmehr halte ich die Open Stages, zumindest bei den österreichischen Festivals, einfach für Zeitverschwendung. Und manchmal sogar für kontraproduktiv. Ich hab mit einigen Leuten gesprochen und sie haben mir beigepflichtet, dass die Open Stage in Kautzen heuer die durchaus gute Festivalstimmung runter auf den Nullpunkt gebracht hat. Der Samstagabend hätte sich weit besser nützen lassen. Ich glaub auch nicht, dass es (nur) an der Moderation liegt (zumindest nicht in Kautzen heuer). Ich halte Schikursheimabende für eine Sache, die pubertierenden Jugendlichen vorbehalten werden sollte; endgültig fragwürdig wird deren Konzept, wenn es auch noch auf Nummernkeilerei aufbaut. Ja, es gibt auch Sternstunden und ich hab nicht vergessen, dass unter den wirklich großen Highlights aller bisherigen 31 österreichischen Jonglier-Conventions auch eine Open Stage war (die des WJW II). Aber da lag eine Idee zugrunde, die es Wert war, ausprobiert zu werden. Ich denke, dass auch der Circus Rabiat das Zeug und die Ideen hatte, eine improvisierte Show auf die Beine zu stellen. Sollte ich da wirklich was mitverhindert haben, was ich - wie gesagt - nicht glaube, tut es mir leid. Aber meine generelle Haltung zu den Open Stages erschüttert das nicht. Sie ansagen und dann schauen was passiert, dafür halte ich Festivalzeit eigentlich für zu kostbar. Nach meiner Wahrnehmung nach gibt es einen immer stärkeren Trend dazu, dass JonglierfestivalteilnehmerInnen immer weniger AkteurInnen und immer mehr Publikum für alles Mögliche sind. Die EJC scheint zum Beispiel klar in diese Richtung zu gehen. Mir gefällt dieser Trend nicht, vielleicht bin ich auch deswegen heute mit der Existenzberechtigung von Shows strenger als früher.
Aber keine Angst! Ich scheine mit meiner Meinung klar in der Minderheit zu sein und, wie gesagt, sitze ich nicht an den Schalthebeln der Macht. Ich nütze nicht einmal mein "Jongliermedienimperium", um meine diesbezüglichen Ansichten zu lancieren. Der jonglieren.at-Bildbericht über Kautzen 2007 verschweigt schlicht die Open Stage. Mit Absicht, Fotos hätte ich genug gehabt. Ich denke, das war eine noble Lösung.
: die Rabiatovs sind [...] längst nur mehr Legende
Eine Legende, die für einige Zeit das Jongliergeschehen hierzulande entscheidend mitgeprägt hat. Alles in allem, denke ich, will sie niemand, der die Zeit miterlebt hat, missen. Die Momente, in denen ich gedacht habe: "Hättest du diesem Kerl doch nie das Jonglieren beigebracht!" waren rar und hatten - soweit ich mich erinnere - nie mit dem Circus Rabiat selber und seinen Produktionen sondern eher mit einigen eigenwilligen Aktionen seines Direktors zu tun.
Janosch, ich weiß nicht genau, womit ich dir über die Leber gelaufen bin. Aber falls es notwendig war, diese Rosen zu streuen, hab ich es hiemit getan. Für die Dornen derselben und etwaigen früheren Unbill: Nix für ungut.
wolfgang